faszinierende Aussichten locken mich. Dafür nehme ich gerne einen Umweg beim Fahren oder Wandern in Kauf. In den Bergen sind grandiose Ausblicke oft der Lohn eines mühsamen Weges. Ein beeindruckendes Panorama kann sich aber auch am Meer, von einem (Kirch)-Turm aus oder durch ein Schlüsselloch hindurch eröffnen. Manchmal scheint ein Weg zu Ende, ich biege um die Ecke und bin ganz überrascht vondem, was ich da sehe. Ganz unerwartet tut sich eine neue Aussicht auf. Manchmal sogar ohne Mühe, einfach geschenkt!
Was ist das Faszinierende an Aussichten? Für mich ist es das Erleben: Mein Blick wird an solchen
Orten oft unerwartet geöffnet, ein neuer
Weitblick ist möglich, verschiedene Perspektiven
fügen sich zu einem ungeahnten und neuen
Bild. Ich staune, ich fühle mich verbunden mit
Himmel und Erde und gewinne Kraft.
Zu zweit staunend die Blicke schweifen zu lassen,
kann diese Erfahrung noch einmal vertiefen.
Für mich stimmt das auch im übertragenen Sinne:
Aussichten weiten und stärken unser Leben
auch als Paar.
Das gilt besonders, wenn uns das Leben herausfordert:
Beim Spagat zwischen Homeoffice
und Kinderbetreuung oder durch die ständigen
Fahrten zwischen zwei Wohnungen. Wenn eine
Krebsdiagnose Träume platzen lässt, oder der
unerwartete Jobverlust eine Neuorientierung
erzwingt, dann passiert es schnell, dass wir die
Weitsicht verlieren. Unser Blick wird dann eng
und fixiert sich auf das Problem.
Wenn wir keinen Ausweg mehr sehen - wie gut tut es dann, nicht allein zu sein. Meine Partnerin/ mein Partner hat einen anderen Blick, sieht Anderes und kann manchmal unerwartet eine neue Aussicht eröffnen. Vielleicht nur eine kleine, aber eine AUSSICHT!
Es gibt Situationen – z.B. eine Auseinandersetzung darüber, wie wir unsere Zukunft gestalten möchten, wie wir mit unterschiedlichen Bedürfnissen umgehen oder wie wir die Betreuung von Eltern kräftemäßig hinbekommen können –, da brauchen wir gemeinsam als Paar andere Menschen, die uns neue Aussichten eröffnen. So wird es leichter, ungeahnte Wege (wieder) zu sehen, neue Kraft und ZuverSicht zu spüren.
Mit Zuversicht meine ich kein blauäugiges „nur
positiv denken“ oder die rosarote Brille „alles ist
gut“.
Nicht alles ist gut. Manche Krankheiten sind nicht heilbar, und manche globalen Herausforderungen schreien nach tatkräftiger Veränderung.
Illusionäre Hoffnungen sind für mich keine Zuversicht. Zuversicht kann geweckt werden, wenn ich nach Aussichten Ausschau halte, die der Realität standhalten, die tragen und meinem/ unserem Leben Sinn verleihen. Zuversicht bedeutet für mich, auch in einem engeren Gestaltungsrahmen meine Sicht auf Spielräume nicht verstellen zu lassen. Und seien sie noch so klein, ich kann sie nutzen. Als Einzelne/r und als Paar. Ganz real(istisch).
Regina Oediger-Spinrath
„Mein Gott, warum hast du mich
verlassen?“ Dieser Schrei ertönt bis
heute, ganz unterschiedlich in Worte
gefasst: „Ich bin völlig am Ende“, „Ich
fühle mich einsam und ohnmächtig“,
„Ich sehe keinen Sinn mehr“. Es gibt
Momente, da stehe ich wirklich ohne
Aussicht da. Kein Ausweg in Sicht.
Das Gefühl von totaler Verlassenheit.
Auch Jesus macht diese Erfahrung.
Und auch die Frauen und Männer, die
ihre ganz Hoffnung auf diesen Jesus
gesetzt haben, sehen sie zerrinnen
als Jesus gekreuzigt wird. „War alles
umsonst?“ Manchmal ist die Erschütterung
so groß, dass wir den ganzen
Sinn des Lebens – oder auch Gott
selbst – in Frage stellen. Wir können
das, was wir gerade erleben, einfach
nicht mit unserem Gottesbild zusammenbringen.
Die Frauen, die Jesus sehr nahe waren, gehen am nächsten Morgen nicht zum Grab, weil sie ein Wunder erwarten. Sie gehen, um zu trauern. Und dann kommt alles völlig anders als erwartet: Das Grab ist geöffnet, und die Frauen machen als erste die unglaubliche Erfahrung „Jesus lebt“. Unvorstellbar. Eine Ahnung macht sich breit: Sein Leben war nicht umsonst. Es ergibt doch Sinn, dass sie sich auf Jesus und seine Frohe Botschaft eingelassen haben. „Fürchtet euch nicht“, ruft der Engel den Frauen und uns zu. „Traut dieser völlig unerwarteten Erfahrung“: Der Tod hat nicht das letzte Wort. Diese unglaubliche Aussicht möchte uns einen neuen Blick schenken auf unser Leben vor dem Tod. Sie kann uns spüren lassen, Gott trägt uns durch das Schwere hindurch. Da, wo wir keinen Weg mehr sehen, eröffnet er uns Auswege, neue Wege. Das gibt Kraft, Mut und Zuversicht.
Unser gemeinsamer Weg mit vielen Paaren
durch die Fastenzeit ist zu Ende. Wir hoffen,
diese Wochen haben Euch gutgetan. Wenn
Ihr mögt, gebt uns Rückmeldung unter
www.7Wochenneuesicht.de/feedback
Gottes SEGEN für euren weiteren Weg
Euer Redaktionsteam 7Wochen Neue Sicht
Mechthild Alber (Rottenburg-Stuttgart),
Maria Feldes (Limburg), Georg Kalkum,
Regina Oediger-Spinrath, Eva Scharr
(alle Köln), Claudia Leide (Dresden), Yvonne
Schmitt (Freiburg), Kerstin Steffe (Augsburg)
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